Schuldenkonto in Unternehmerfamilien

10. April 2025
Schuldenkonto in Unternehmerfamilien

«Ich habe dir immer den Rücken freigehalten! », «Ohne meinen Verzicht wärst du heute gar nicht Chef!» oder «Ich habe auf mein Studium verzichtet, damit der Betrieb überlebt!» – kennen Sie diese Momente, wenn am Familientisch plötzlich emotionale Schulden eingefordert werden, insbesondere wenn Nachfolgefragen oder grosse strategische Entscheidungen anstehen?

In Unternehmerfamilien existiert neben der offiziellen Buchhaltung eine zweite, unsichtbare Bilanz: das emotionale Schuldenkonto. Je länger es verborgen bleibt, desto explosiver wird es. Auf diesen unsichtbaren Konten werden Opfer, Gefälligkeiten und Bevorzugungen als emotionale Währung gespeichert. Im Gegenzug erwartet man Vertrauen, Anerkennung und Gerechtigkeit – wertvoller als jeder Franken. Wie Zinseszinsen wachsen diese emotionalen Schulden über Jahre exponentiell, statt sich abzubauen. Geschäftszahlen kommunizieren wir offen, doch die emotionalen Konten bleiben verborgen. Genau hier entstehen oft die schwerwiegendsten Familienkonflikte, besonders wenn eine Unternehmensnachfolge ansteht. Was kein Treuhänder Ihnen sagen wird: Ein nicht ausgeglichenes «emotionales Konto» kann Ihr Unternehmen schneller gefährden als jede Wirtschaftskrise. Wie lassen sich emotionale Konten besser managen?

1. Transparenz schaffen: Formulieren Sie klare Vereinbarungen in einer Familienverfassung, die Erwartungen, Rollen und Verpflichtungen deutlich macht.

2. Schweigen ist Gift: Bringen Sie emotionale «Schulden» aktiv zur Sprache – nicht spontan beim Sonntagsessen, sondern regelmässig und strukturiert im Familienrat.

3. Muster durchbrechen: Erkennen Sie familiäre Dynamiken, die ins Unternehmen überschwappen. Wer im Verwaltungsrat noch gegen die bevorzugte Schwester rebelliert, muss dieses Muster erkennen und auflösen.

4. Professionelle Unterstützung einholen: Ein neutraler Dritter hilft, das familieninterne Schuldenkonto zu bilanzieren, ohne dass jemand sein Gesicht verliert. Und: Investieren Sie bewusst in die wertvollste Währung überhaupt: Anerkennung, Wertschätzung und Dankbarkeit. Denn anders als Schulden wächst sie, je mehr Sie davon ausgeben.

Stefan Schneider, Partner CONTINUUM AG